Raimund+Chris+Milan

Es war ein kleiner Kulturschock"

Der Fanreport "Spieler des Jahres" Milan Rasinger im Interview.


Am Ende wollte er es sich selbst noch einmal beweisen. Milan Rasinger war nicht nach Bad Goisern gekommen, um seine durchaus beeindruckende Fußball-Karriere ausklingen zu lassen. Er wollte Teil dieses ambitionierten Programms werden, er wollte einer der Hauptverantwortlichen sein. Wenn man nun Bilanz über seine erste Saison in „Rot und Weiß“ zieht, dann muss man feststellen, dass ihm dieses Vorhaben zu 100% gelungen ist. Meister mit einem Punkterekord von 73 Zählern, Abwehrchef der besten Defensive der Liga und Fanreport „Spieler des Jahres“.

Rasinger und Bad Goisern passt

Dabei war es für ihn nach über 10 Jahren als Profi zunächst ein „Kulturschock“ in Bad Goisern. Alles war etwas kleiner und etwas ruhiger in der Bezirksliga. Dazu hatte der 35jährige auch einen deutlich längeren Anfahrtsweg als bei seinen bisherigen Stationen. Rasinger lebt und arbeitet in Salzburg und fährt 3-4x die Woche jeweils 100km an den Hallstättersee. Doch die Akklimatisierung dauerte nicht lange als Rasinger merkte, dass seine Mitspieler mit der gleichen Einstellung und dem gleichen Enthusiasmus Fußball spielten wie die ehemaligen Profikollegen. Nach Stationen Kapfenberg (1. Liga), SV Ried (Bundesliga), FC Gratkorn (1. Liga), SV Grödig (1. Liga) und letzte Saison SV Horn (Regionalliga) ist Rasinger nun in Bad Goisern angekommen. Mit der nahezu identischen Meistermannschaft will er auch nächste Saison in der Landesliga oben mitspielen.
Fanreport hat mit dem sympathischen Kärntner über die vergangene Saison, seine Auszeichnung und die Ziele für die kommende Saison gesprochen...

Fanreport:Milan, erstmal herzlichen Glückwunsch zu Deiner Auszeichnung. Bedeutet so eine Ehrung nach über 10 Jahren Profifußball überhaupt noch etwas?
Rasinger: Es ist für mich natürlich eine große Ehre. Ich denke, es entsteht bei ehemaligen Profifußballern oftmals der Verdacht, dass sie im Herbst ihrer Laufbahn nur zum Abkassieren noch ein paar Jahre im Amateurbereich dranhängen. Dadurch hatte ich schon auch einen gewissen Druck. Du musst dich in der Mannschaft zurechtfinden, der ein oder andere Zuschauer ist am Anfang vielleicht noch skeptisch usw. Ich denke, dass diese Auszeichnung - vor allem wenn sie nicht nur vom eigenen Trainer kommt - Beleg genug ist, dass ich mich hier nicht nur auf den Fußballplatz gestellt habe, um abzukassieren.

Fanreport:Wie kam es zu der Entscheidung, nach so langer Zeit in der 1. und 2. Liga einen Gang zurückzuschalten?
Rasinger: Ich stand vor der Entscheidung, weiter Profi-Fußballer zu bleiben oder etwas kürzer zu treten und im Amateurbereich noch ein paar Jahre weiterzuspielen. Da kam mir das Angebot aus Bad Goisern nicht ungelegen. Der sportliche (Rück-)schritt war allerdings gar nicht so groß. Zwar sind die Trainingsbedingungen natürlich nicht so toll wie im Profibereich, aber die Spieler gehen mit dem gleichen Herz und der gleichen Leidenschaft an die Sache ran. Dazu hat es einfach von der Planung in meinem Leben gepasst. Ich bin mit dem Fernstudium fertig geworden und arbeite nun bei einem Physiotherapeuten und als Personal Trainer. Das kostet natürlich auch viel Zeit, insofern war ich auch ein bisschen froh, nun das ein oder andere Training weniger zu haben als vielleicht in der 1. Liga oder Regionalliga.

Fanreport:Gab es Momente, in denen Du die Entscheidung bereut hast?
Rasinger: Nein die gab es nicht. Natürlich war es von den Rahmenbedingungen am Anfang erst mal ein kleiner Kulturschock (lacht). In Horn hatten wir zum Beispiel extrem gute Trai-

ningsbedingungen mit 4 Trainingsfeldern und unendlichen Trainingszeiten. Das ist natürlich in unteren Klassen nicht zu realisieren.

Fanreport:Wie fällt Dein Fazit nach einem Jahr Bad Goisern aus?
Rasinger: Es war natürlich ein tolles erstes Jahr. Wir sind Meister geworden und haben den Punkterekord in Oberösterreich gebrochen. Dazu war es für mich persönlich natürlich auch ein schönes Jahr mit der Ehrung zum Spieler des Jahres. Aber auch die Stimmung in der Mannschaft ist unglaublich toll. Ich bin hier in ein Gefüge gekommen, wo einfach alles passt. Dadurch konnten wir am Ende auch das Maximum herausholen.

Fanreport:Wenn Du einen Vergleich zwischen dem jetzigen Trainer Franz Scherpink mit ehemaligen Trainern ziehen müsstest, wie würde der ausfallen?
Rasinger: Der einzige Unterschied sind die Möglichkeiten, die Franz im Vergleich zu Profivereinen nicht hat. Vom Fachwissen und der positiven Verrücktheit gibt es eigentlich keine Unterschiede. Franz ist ein ausgesprochener Fachmann und sehr aufgeschlossener Trainer. Man merkt einfach, dass er sich auch abseits vom Trainingsplatz viel mit Fußball - vor allem dem FC Barcelona und ihrer Spielweise - beschäftigt.

Fanreport:Wie sehr haben die jungen Spieler von Dir profitiert? Gab es bei Spielern wie Franz Promberger oder Patrick Pfandl eine besondere Entwicklung?
Rasinger: Ich kann nicht genau einschätzen, wie groß der Sprung einzelner Spieler war, da ich letzte Saison viele von Ihnen noch nicht kannte. Aber wenn man nur die Phase ab der Saisonvorbereitung bis zum Saisonende betrachtet, haben sich einige Spieler schon verbessert. Die Jungen sind vor allem ruhiger geworden. Ich will das aber gar nicht nur auf meinen Einfluss zurückführen, sondern da spielt aber auch der Saisonverlauf eine große Rolle. Wenn Du 10-15 Spiele hintereinander gewinnst und weißt, dass Du pro Spiel maximal ein Tor kassierst, gleichzeitig aber 4-5 schießt, wirst Du natürlich abgeklärter. Und mit diesem gesteigerten Selbstbewusstsein kommt dann auch die Leistungssteigerung.

Fanreport: Wie groß ist der private Kontakt mit deinen Mitspielern?
Rasinger: Es ist natürlich im Profibereich etwas einfacher, privat Kontakt zu halten, da alle in einer Stadt leben. Durch die momentane Konstellation, dass ich in Salzburg lebe und jedes Mal 100 Kilometer nach Bad Goisern fahren muss ist es um einiges schwieriger. Mal abgesehen von Mannschaftsbesprechungen oder gemeinsamen Essen nach den Spielen gab es nicht allzu viele Möglichkeiten, da ich ja immer noch nach Hause musste.

Fanreport:Wie würdest Du selbst Deine Fähigkeiten als Führungsspieler beschreiben?
Rasinger: Ich bin jetzt wahrscheinlich nicht der klassische Führungsspieler. Ich habe meinen Mitspielern auch von Anfang an gesagt, dass ich nicht der Typ bin, der auf dem Platz lautstark Kommandos gibt. Ich bin eher ein Spielertyp, der durch seine Spielweise den Leuten das Vertrauen gibt, dass hinten immer einer steht, der mögliche Fehler ausbessert. Mit diesem Wissen kannst Du als unerfahrener Spieler Bälle auch mal deutlich ruhiger annehmen, anstatt sie einfach nur hektisch wegzuschlagen.

Fanreport:Gibt es denn so einen typischen Leitwolf in der Mannschaft?
Rasinger: Wir sind eigentlich insgesamt eine sehr ruhige Mannschaft. Natürlich ist die Last auf mehreren Schultern verlagert. Thomas (Stadler), Marco (Wieser) oder Gerhard (Weissenbacher) sind genauso Führungsspieler wie ich. Aber da ist keiner dabei, der laut ist oder mal einen Mitspieler anschreit. Wir versuchen, mit Leistung voranzugehen und den Jüngeren in unserer Mannschaft ein Vorbild zu sein. Im Training übernimmt diese Aufgabe sowieso Franz (Scherpink), wenn die Spieler irgendwelche Vorgaben nicht erfüllen. Da kann er auch mal sehr schnell sehr laut werden.

Fanreport:Du warst neben Marco Wieser der Erste, der für kommende Saison in Bad Goisern zugesagt hat. War es eine leichte Entscheidung?
Rasinger: Ich musste nicht lange überlegen. Die Vertragsverhandlungen mit Hannes (Petter) und Franz (Scherpink) haben vielleicht 5 Minuten gedauert. Ich hatte eigentlich nur die Bedingung, dass der Großteil der Mannschaft erhalten bleibt. Diese Forderung wurde erfüllt, deswegen war es eine einfache Entscheidung. Ich fühle mich sehr wohl in Bad Goisern, die Mannschaft und die Leute dahinter sind toll, die Fans sind ein Traum. Mit diesen Voraussetzungen ist ein Grundstein gelegt, um auch in der kommenden Saison erfolgreich zu sein.

Fanreport: Gibt es eine Zielsetzung für nächste Saison?
Rasinger: Ich muss zugeben, dass ich die Landesliga nicht besonders gut kenne. Aber ich denke, dass wir mit dieser Qualität in der Mannschaft im oberen Tabellendrittel zu finden sein werden.

Fanreport: Milan, vielen Dank für das Gespräch.

Florian Geheeb - Chefredakteur

florian.geheeb@fanreport.at

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